Mich fasziniert immer wieder, wie sehr eine erstaunlich große Anzahl von Agenturen immer die gleichen Medien einsetzt. Und wie sehr E-Mail-Marketing dabei regelmäßig ignoriert wird.

Selbstverständlich ist E-Mail-Marketing absolut nicht für alle Aufgabenstellungen geeignet. Und natürlich gibt es mehrere Nachteile und manchmal durchaus gute Gründe, die gegen den Einsatz dieses Kanals und für ein anderes Medium sprechen.

Doch es gibt leider auch einige nicht-so-gute Gründe, weshalb einige Agenturen E-Mail-Marketing stiefmütterlich behandeln:

 

1. Hohes Fachwissen notwendig.

E-Mails zu verschicken ist technisch ziemlich trivial. Doch E-Mails so zu verschicken, dass sie zuverlässig zugestellt, überall korrekt dargestellt werden und außerdem noch Ziele erreichen, ist alles andere als einfach.

Dafür brauchen Agenturen einen hohen Grad an speziellem Fachwissen. Sowohl über technische Faktoren (z.B. SPF und DKIM), über die Möglichkeiten, aber auch die Beschränkungen der Mail-Programme (z.B. Videos), über Best Practices (z.B. Faktoren für gute Öffnungsraten).

Über so ein Spezialwissen verfügen aber viele Agenturen nicht, weil sie sich auf andere Kanäle konzentrieren und den Aufwand für den Aufbau dieses Fachwissens scheuen.

 

2. Die Leistung wird überprüfbar!

Etwas überspitzt formuliert: Eine Website muss in erster Linie „schön“ sein und dem Kunden gefallen.

Doch E-Mailings müssen mehr als das: Sie müssen gute Öffnungsraten aufweisen, hohe Klicks, wenig Abmeldungen, viel Traffic auf die Website generieren.

Anders formuliert: Die kreativen und technischen Leistungen der Agenturen können durch den Kunden wesentlich leichter überprüft und kritisch hinterfragt werden als das bei vielen anderen Medien möglich ist.

Ich kenne durchaus Agenturen, die genau das sehr begrüßen; ich kenne aber noch viel mehr, die das gar nicht toll finden.

 

3. Hoher Aufwand bei geringerer Entlohnung.

Eine durchdachte und zielorientierte E-Mail-Kampagne ist aufwändig: Es muss ein gutes Konzept erstellt werden, ein tolles Layout, passende Texte, tolle Bilder. Die Mailings müssen technisch sauber produziert, Smartphones mitbedacht, der Versand organisiert und die Kennzahlen analysiert und berichtet werden.

In Summe ist das ein hoher Aufwand, der leider allzu oft von Kunden nicht gezahlt werden will.

Da ist viel einfacher und finanziell attraktiver, die x-te Print-Kampagne zu machen oder nette Beiträge für Social Media zu entwickeln.

 

4. Weniger Provisionen oder Kick-Backs.

Es ist außerdem ein offenes Geheimnis, dass es bei einigen Medien mehr oder weniger transparente Provisionen oder sog. „kick-back fees“ gibt.

Das verleitet Agenturen verständlicherweise auch dazu, bestimmte Kanäle oder Medien zu bevorzugen. Denn diese Kick-backs können in Summe durchaus attraktiv sein und neben den Kunden-Honoraren einen wichtigen Teil der Gesamtentlohnung darstellen.

 

5. Rechtlich komplexer (als andere Medien).

Rechtliche Vorschriften gibt es für jedes Medium. Doch für E-Mail-Marketing gibt es doch etwas mehr wichtige Rahmenbedingungen, was mehr Know-how seitens der Agenturen erfordert.

Die Bandbreite reicht von der Frage, ob bei allen Anmeldeformulare in double Opt-in notwendig ist, über die Frage wann eine Zustimmung erforderlich ist bis zu dem Thema Datenschutz (insb. in dem Zusammenhang mit dem Tracking).

Da Agenturen für Fehler in der Beratung haftbar gemacht werden können (Stichwort: Beraterhaftung) und oft nicht über das entsprechende Detailwissen verfügen, sind sie natürlich zögerlich, was den Einsatz des Mediums betrifft.

 

6. Komplexität der Personalisierung

Obwohl Personalisierung eine höhere Engagement-Rate verspricht, erfordert sie signifikante Ressourcen für die Datenanalyse und Segmentierung.

Nicht alle Agenturen verfügen über die notwendigen Werkzeuge oder das Know-how, um dies effektiv in die Praxis umzusetzen. Doch ohne eine vernünftige Personalisierung und Segmentierung werden wichtige Potenziale des Kanals nicht genutzt und die Effektivität wird sinken.

 

7. Weniger sexy, vermeintlich weniger kreativ.

Last but not least: E-Mail-Marketing ist nicht „cool“. Einer der Gründe, weshalb das Medium oft so massiv unterschätzt wird.

Designer können sich so nicht so „austoben“ wie bei manchen anderen Medien. Denn es gibt nun einmal einige technische Beschränkungen bei E-Mails, die berücksichtigt werden müssen (z.B. die fehlende Unterstützung von Videos, die Blockade der Bilder, der Dark Mode auf Smartphones und vieles mehr).

Doch auch wenn diese Einschränkungen tatsächlich existieren, so lassen sich dennoch auch sehr kreative Konzepte und auch großartige Designs realisieren. Das zeigen die verschiedenen Awards in diesem Bereich und auch die vielen Beispiele, die man auf einschlägigen Websites finden kann (wie zum Beispiel Die besten E-Mail-Newsletter Beispiele für Ihre Inspiration).

Man muss sich nur etwas mehr anstrengen. Und das Medium mögen.

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Über den Autor

Michael Kornfeld ist mit einer über 25-jährigen Laufbahn ein leidenschaftlicher Verfechter von E-Mail-Marketing. Er hält zahlreiche Seminare und Fachvorträge und zählt zu den renommiertesten Experten Österreichs auf diesem Gebiet.

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