Viele kleine Shops verzichten auf E-Mail-Marketing. Zu viel Aufwand. Zu wenig Zeit. Zu technisch. Dabei kann genau dieser Kanal helfen, Stammkunden zu gewinnen – auch ohne großes Team.
Ich betreibe selbst einen kleinen Onlineshop. Kein Marketingbudget, keine Agentur. Nur ein paar Tools, ein bisschen Know-how – und jede Menge Trial & Error.
Was funktioniert hat: Automatisierungen mit klarer Zielsetzung. Und Newsletter, die nicht wie Newsletter klingen.
In diesem Beitrag zeige ich, wie man mit einfachen Mitteln wirksames E-Mail-Marketing umsetzen kann. Ohne Stress. Ohne Overkill. Sondern passend zum Alltag als Solo-Unternehmer.
Die Ausgangslage – Allein, aber ambitioniert
Als kleiner Shop hat man viele Baustellen. Produktpflege, Lager, Kundenservice – alles läuft über denselben Schreibtisch.
Marketing? Passiert oft nebenbei. Wenn überhaupt.
Genau hier liegt das Problem: Man weiß, dass E-Mail-Marketing wichtig wäre. Aber es wirkt wie ein weiterer To-do-Punkt auf einer Liste, die schon zu lang ist.
Ich habe anfangs vieles manuell gemacht. Jede Ausgabe war ein Kraftakt. Und oft kam beim Newsletter dann gar nicht dabei heraus.
Was mir geholfen hat, war der Perspektivwechsel: E-Mail nicht als zusätzlichen Aufwand zu sehen – sondern als Werkzeug zur Entlastung.
Ein gut geplanter E-Mail-Workflow nimmt Arbeit ab. Er schreibt keine Texte von allein, klar. Aber er hilft, mit Kunden in Kontakt zu bleiben, auch wenn man gerade mit Paketen beschäftigt ist.

Gerade bei kleinen Shops ist E-Mail oft der einzige direkte Draht zum Kunden. Kein Algorithmus, keine bezahlte Reichweite.
Das ist eine Chance. Und genau deshalb lohnt es sich, ein bisschen Zeit in die Grundlagen zu investieren. Damit der Newsletter keine Pflichtübung bleibt, sondern ein echter Teil des Shops wird.
Die Kraft der Automatisierung – mit Köpfchen
Automatisierung klingt nach Technik. Nach Setups, Tools, Tags und Triggern.
Aber am Ende geht’s um Entlastung. Um Systeme, die Arbeit abnehmen, ohne dass man ständig nachjustieren muss.
Mein erster Schritt war ein klassisches Willkommensmail. Eine einfache Nachricht nach der Anmeldung – mit kurzem Dank und Link zu den beliebtesten Produkten. Hat nicht mal 30 Minuten gedauert. Und trotzdem hat mir das Kunden zurück in den Shop gebracht.
Wichtig: Nicht jede Automatisierung lohnt sich. Ein Geburtstagsmail ist nett – aber wenn man nur 20 Abonnenten hat, werden vielleicht drei im Jahr verschickt.
Was sich wirklich auszahlt:
- Onboarding-Serie mit 2-3 Mails: Eine kurze Vorstellung. Was macht Ihren Shop besonders? Was erwartet den Leser?
- Warenkorbabbrecher-Mails: Wenn dein Shop das kann, unbedingt aktivieren.
- Follow-up nach dem Kauf: Keine Produktflut, sondern ein ehrliches Danke – und vielleicht eine Bitte um eine Bewertung.
Das ist auch mit ganz einfacher Software möglich. Kein Zapier, kein komplexes CRM. Nur Vorlagen, ein paar Regeln und der Wille, es einmal sauber aufzusetzen.
Der größte Fehler: Zu viel auf einmal wollen. Lieber klein anfangen – und nachjustieren, wenn es läuft.
Denn Automatisierung ist kein Ersatz für gute Inhalte. Aber sie hilft, regelmäßig sichtbar zu bleiben. Und das macht in einem kleinen Shop oft den entscheidenden Unterschied.
Persönlichkeit statt Perfektion – Die eigene Stimme zählt
Viele Newsletter klingen glatt, korrekt – und irgendwie beliebig.
Gerade bei kleinen Shops kann ein persönlicher Ton Vertrauen schaffen. Es braucht keine makellosen Designs oder perfekte Formulierungen. Entscheidend ist, dass der Text wiedererkennbar bleibt.
In den ersten Newslettern wurde noch jedes Wort dreimal überarbeitet. Mit der Zeit wurde klar: Authentische Sprache wirkt besser als perfektes Wording. Kleine Formulierungsfehler stören selten. Aber sterile Texte ohne Charakter bleiben wirkungslos.
Es hilft, sich beim Schreiben vorzustellen, jemand säße direkt gegenüber. Was würde man sagen, wenn es kein HTML gäbe, keine Betreffzeile – nur ein echtes Gespräch?
Besonders gut funktionieren Formate wie „Was gerade im Shop passiert“ oder „Drei Dinge, die im Garten im April anstehen“. Damit zeigt man, dass hinter dem Absender echte Menschen stehen.
Auch Feedback-Mails oder persönliche Rückblicke auf die Saison sind wirksam. Diese Texte lesen sich nicht wie Werbung – sondern wie ein Einblick hinter die Kulissen.

Übrigens: Großartige Bilder oder Grafiken sind nett, aber nicht zwingend. Wenn es viel Zeit spart, können auch plain-text-Mails mit ehrlichem Inhalt eine gute Öffnungsrate erzielen.
Entscheidend bleibt, dass der Ton zum Shop passt. Wer saisonale Produkte vertreibt, darf ruhig einen saisonalen Ton anschlagen. Wer auf Nachhaltigkeit setzt, sollte das auch sprachlich transportieren.
Persönlichkeit schlägt Professionalität – wenn sie ehrlich gemeint ist.
Was ich (zu spät) gelernt habe
- E-Mail-Marketing ist keine einmalige Aktion, sondern ein Prozess. Anfangs wurde jede Mail einzeln erstellt, oft unter Zeitdruck. Das führte zu unregelmäßigen Aussendungen und schlechter Performance. Viel besser ist die Zeit investiert, wenn man sich erstmal einen Plan zurechtlegt, ein paar E-Mail-Formate als Vorlage anlegt und einen Content-Plan erstellt. Für den Newsletter selbst genügt ein monatlicher Rhythmus völlig.
- Nicht jede Idee muss sofort umgesetzt werden. Viele Stunden gingen für hochglanzpolierte Newsletter drauf, die am Ende kaum jemand zu Gesicht bekam. Einfache Mails mit klarem Betreff hatten oft eine deutlich bessere Rentabilität – sprich Ergebnisse / Aufwand.
- Segmentierung bringt mehr als Masse. Wer allen alles schickt, erreicht kaum jemanden wirklich. Nach dem ersten gezielten Versand an eine kleine Gruppe zeigte sich sofort eine bessere Öffnungsrate – obwohl der Text identisch war. So eine Segmentierung kann je nach gekaufter Produktkategorie erfolgen oder zum Beispiel nach dem Ort, an dem sich der Leser für den Newsletter registriert hat.
- In der Kürze liegt die Würze: Gerade bei kleinen Shops zählt Klarheit. Zwei Absätze mit einem klaren Angebot wirken stärker als Newsletter im Magazin-Stil.
- Niemand wartet auf den perfekten Newsletter. Aber viele freuen sich über eine ehrliche Nachricht – zur richtigen Zeit.
All das hätte man auch früher lernen können. Aber vielleicht gehört es einfach dazu, ein paar Umwege zu gehen.
Kein Raketenstart, aber ein solider Kurs auf Loyalität
E-Mail-Marketing für kleine Shops braucht keine aufwendigen Systeme, keine Perfektion. Was zählt, ist ein klarer Plan, etwas Geduld – und ein persönlicher Zugang zur Zielgruppe.
Automatisierung hilft, wenn sie sinnvoll eingesetzt wird. Persönlichkeit schafft Bindung, wenn sie authentisch bleibt.
Viele kleine Schritte ergeben mit der Zeit eine Struktur, die trägt. Regelmäßigkeit schlägt Aktionismus.
Wer bereit ist, Dinge zu testen, Fehler zu machen und daraus zu lernen, wird mit stabileren Kundenbeziehungen belohnt. Ohne Rabattschlachten. Ohne laut zu schreien.
Es dauert, bis Ergebnisse sichtbar werden. Aber genau das macht E-Mail-Marketing so wertvoll: Es wächst mit dem Unternehmen – und oft sogar ein kleines Stück voraus.

Über den Gast-Autor
Matthias Jünger betreibt mit garden-shop.at einen spezialisierten Onlineshop für Gartenbedarf und Selbstversorgung. Als Ein-Personen-Unternehmer kümmert er sich um alles – vom Versand bis zum Newsletter. Was im Gemüsebeet funktioniert, lässt sich oft auch im E-Mail-Marketing anwenden: Geduld, Timing und der Mut, einfach anzufangen. In seinen Texten verbindet er praktische Erfahrungen aus dem Alltag kleiner Shops mit einem klaren Blick fürs Wesentliche.