Viele Experten raten dazu, bei den Anmeldeformularen die Interessensgebiete abzufragen. Das klingt auch durchaus plausibel, denn so lernt man die Empfänger besser kennen und kann die Inhalte auf die Präferenzen der Leser abstimmen. Richtig?

Meiner Erfahrung nach ist das jedoch nicht sinnvoll, sondern sogar kontraproduktiv. Und zwar aus mehreren Gründen.

 

Die zusätzlichen Felder erhöhen die Absprungrate.

Es gibt eine ganz einfache Daumenregel für Anmeldeformulare, die so gut wie immer zutrifft: Jedes zusätzliche Formularfeld kostet Anmeldungen.

Dafür gibt es mehrere Gründe: Das Formular wird optisch länger, das Ausfüllen dauert länger, manche Empfänger wollen die zusätzlichen Daten nicht preisgeben, usw.

Dazu ein konkretes Beispiel: Bei einem Kunden haben wir zwei Varianten eines Anmeldeformulars getestet: Eine mit 12 Interessensgebieten, eine ohne diese vielen Checkboxen. Davon abgesehen waren die Formulare identisch. Das Ergebnis war eindeutig: Die Absprungrate bei der längeren Variante war um 50% (!) höher.

 

Oft gibt es kaum eine Korrelation mit den tatsächlichen Interessen.

Es ist kaum möglich, die Interessensgebiete so eindeutig zu benennen, dass der Leser wirklich genau abschätzen kann, welche Art von Inhalten er dann tatsächlich bekommt.

Wenn ich beispielsweise die Checkbox „Kultur“ anklicke, bekomme ich dann Informationen über Oper, Ballett und Ausdruckstanz – oder über Kabarett, Musicals und Kleinkunst?

Selbst bei Begriffen wie „Suchmaschinen-Optimierung“ ist das nicht eindeutig: Geht es hier um Tipps für Techniker oder richten sich die Inhalte an Redakteure?

Diese Unklarheit führt jedoch dazu, dass es eine große Diskrepanz zwischen den erwarteten Inhalten und den tatsächlich erhaltenen Inhalten geben kann; das führt jedoch zu enttäuschten Erwartungshaltungen, diese zu Unzufriedenheit mit dem Newsletter und diese wiederum zu Abmeldungen.

Auch dazu ein Beispiel: Bei einem früheren Unternehmen von mir, dem Online-Marketing-Forum.at, haben wir im Anmeldeprozess 16 Interessensgebiete abgefragt (und eine erhöhte Absprungrate eine Zeit lang in Kauf genommen). Nach etwa 6 Monaten habe ich dann analysiert, wie groß die Übereinstimmung zwischen den angegebenen Interessen und dem tatsächlichen Klickverhalten war: Um es kurz zu machen: Die Übereinstimmung war Null. Die Abfrage der Interessen wurde noch am selben Tag entfernt.

 

Behauptetes Verhalten ist nicht gleich tatsächliches Verhalten.

Das führt uns zu einem der größten Vorteile von E-Mail-Marketing: Sie können damit das tatsächliche Verhalten der Leser analysieren. Das ist nicht dasselbe wie das behauptete Interesse.

Davon können Sie sich in zig Umfragen überzeugen: Danach gefragt kaufen fast alle Verbraucher ausschließlich Bio-Fleisch; die Realität sieht freilich ganz anders aus.

Das gilt nicht nur für sozial erwünschte Antworten, sondern generell, je nach Fragestellung mehr oder weniger. Und das gilt auch für die Abfrage von Interessen.

 

Interessen verändern sich.

Die Interessen der Leser sind nicht konstant. Erstens weil sich im Zeitverlauf „natürlich“ Interessen verändern; aber auch durch Ereignisse wie den Wechsel in eine andere Abteilung, eine Beförderung oder auch eine private Veränderung (z.B. Schwangerschaft) können sich Interessen deutlich ändern.

Damit sind die Interessen, die im Zuge einer Anmeldung abgegeben wurden, jedoch nach einer gewissen Zeit immer weniger aussagekräftig.

 

Empfehlung: Analyse der tatsächlichen (!) Interessen!

Es gibt jedoch einen Ausweg aus dem Dilemma: Fragen Sie keine Interessensgebiete ab, sondern teilen Sie die Links in Kategorien (= Themengebiete = Interessen) ein und analysieren Sie so die tatsächlichen Interessen der Leser. Gute E-Mail-Marketing Systeme können das.

Das hat zwar den einen Nachteil, dass die Einteilung der Interessen erst nach einer gewissen Zeit – je nach Versandfrequenz kann das einige Wochen, aber auch mehrere Monate dauern – aussagekräftig wird. Doch dafür sind diese Analysen auch langfristig belastbar und entsprechen unmittelbar der Realität.

Außerdem kann man diese Analyse auch für unterschiedliche Zeiträume durchführen und so Veränderungen feststellen. Und man kann sie für unterschiedliche Listen getrennt durchführen, da sich die Interessen unterschiedlicher Versandlisten deutlich unterscheiden können.

Mit dieser Interessen-Analyse hat man eine belastbare Basis, um die Inhalte des Newsletters an die tatsächlichen Interessen der Leser anzupassen und maßgeschneiderte Inhalte zu verschicken. Das erhöht die Relevanz für die Leser, diese die Zufriedenheit und damit verbessern sich auch die Kennzahlen Ihres Newsletters.

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Über den Autor

Michael Kornfeld ist mit einer über 25-jährigen Laufbahn ein leidenschaftlicher Verfechter von E-Mail-Marketing. Er hält zahlreiche Seminare und Fachvorträge und zählt zu den renommiertesten Experten Österreichs auf diesem Gebiet.

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