UPDATE 06.08.2023: Pro-Argument für die Möglichkeit des direkten Datenbank-Zugriffs bei der On-Premise-Variante ergänzt (Danke an Martin Aschoff für den Hinweis!).

Für E-Mail-Marketing Tools gibt es im Grunde zwei Preismodelle:

  • Die Software wird gemietet und über das Internet genutzt (das nennt man Cloud-Lösung oder ASP = „Application Service Providing“ oder auch SaaS = Software as a Service“) oder
  • die Software wird auf dem eigenen Server installiert und betrieben („inhouse“ oder „on premise“, manchmal auch „on site“).

Gerade aus Datenschutz-Gründen (Stichwort: EuGH-Urteil zum Ende von Privacy Shield) überlegen einige Unternehmen, ihre Daten zurück in das Unternehmen zu holen und interessieren sich für eine Inhouse-Variante Ihrer E-Mail-Marketing-Software.

Da uns immer wieder Anfragen zu dem Thema erreichen, haben wir hier mal die wichtigsten Vor- und Nachteile dieser beiden Modelle einander gegenübergestellt.

 

1) Miete / ASP / SaaS / Cloud: Das Standard-Modell

Gerade bei den E-Mail-Marketing-Tools hat sich das ASP-Modell durchgesetzt. Ich würde vermuten, dass mindestens 95% aller Unternehmen einen Anbieter gewählt haben, der dieses Modell verwendet.

ASP bedeutet, dass der Anbieter die gesamte Applikation auf seinem Server zur Verfügung stellt. Der Kunde greift über das Internet auf die Anwendung zu, wie beim Electronic Banking. Er muss also nichts installieren und der Anbieter muss sich nur um eine einzige Installation kümmern, weil ja alles zentral auf seiner Infrastruktur läuft.

Die wichtigsten Vorteile vom ASP-Modell (aus Sicht des Kunden):

  • Geringe Kosten: Gerade bei überschaubaren Versandmengen und einer kurzfristigen Betrachtung ist das ASP-Modell wesentlich günstiger. Denn die einmaligen Kosten für die Einrichtung sind viel geringer und es muss keine eigene Server-Infrastruktur aufgebaut bzw. betrieben werden – denn all das ist Aufgabe des Dienstleisters.
  • Laufende Updates: Normalerweise werden die Tools laufend weiter-entwickelt (Bugfixes, neue Features); durch die Tatsache, dass die Software zentral auf dem Server des Anbieters liegt, können regelmäßige Updates sowie neue Features mit geringem Aufwand und zeitnah für alle Kunden eingespielt werden.
  • Hohe Verfügbarkeit: Die gesamte Infrastruktur des Anbieters ist normalerweise auf die laufende Verfügbarkeit des Systems ausgerichtet; daher wird sowohl durch technische als auch organisatorische Maßnahmen sichergestellt, dass das System tatsächlich ständig verfügbar ist bzw. dass eventuelle Ausfälle unverzüglich behoben werden. Eine solch hohe Ausfallsicherheit ist beim Kunden vor Ort oft nur mit beträchtlichem Aufwand zu realisieren.
  • Anti-Blacklisting: Der Anbieter kümmert sich zentral für seine Server darum, dass diese nicht auf sog. „Blacklists“ landen oder – falls doch – dass die Server unverzüglich wieder als legitimer Versender eingestuft werden. Bei einer On-Premise-Variante müsste sich der Kunde selber um das Anti-Blacklisting kümmern, mit der potentiellen Gefahr, dass dessen Mail-Server irgendwann als Spam-Versender eingestuft und alle Mails dieses Servers als Spam blockiert werden.
  • Bessere Performance: Die gesamte Server-Architektur des Anbieters ist normalerweise auf den hoch-performanten Betrieb der Software ausgerichtet; daher ist der Anbieter in der Lage, auch große Mengen von Mails in relativ kurzer Zeit zu versenden. Die Mail-Server des Kunden sind normalerweise für diese speziellen Anforderungen nicht geeignet bzw. müssen entsprechend dafür eingerichtet und optimiert werden.
  • Korrekte Mailserver-Konfiguration: Die Einrichtung eines Mail-Servers ist durchaus komplex und für den reibungslosen Versand der Mails unbedingt notwendig, u.a. auch um sicherzustellen, dass die Mails nicht als Spam eingestuft werden. Bei der On-Premise-Lizenz muss die IT-Abteilung des Kunden selber die Einrichtung des Mail-Servers durchführen oder der Mail-Server wäre eventuell nicht optimal konfiguriert.
  • Klare Verantwortungen: Da alle Bestandteile des Systems bei der Cloud-Variante in der Verfügungsgewalt des Anbieters liegen, kann er sich auch sofort um alle Probleme und deren unverzügliche Behebung kümmern. Bei der On-Premise-Lizenz müsste zum Teil erst geklärt werden, ob die Probleme tatsächlich beim Anbieter oder nicht vielleicht im Bereich des Kunden, z.B. an einer falschen Mailserver-Konfiguration oder Netzwerk-Problemen, liegen.
  • Bessere und genauere Analysen: Nur bei einem hoch-performanten System stehen die Analysen in Echtzeit zur Verfügung und sind aussagekräftige Tests möglich. Wenn beispielsweise der Versand mehrere Stunden dauert, ist ein Öffnungsraten-Test zur Bestimmung des optimalen Versandzeitpunktes naturgemäß wenig aussagekräftig. Wenn der Server des Kunden sehr langsam ist, wären wichtige Analyse- und Optimierungs-Maßnahmen ggfs. nicht oder nur eingeschränkt möglich.
  • Keine Provider-Probleme: Der massenhafte Versand von E-Mails könnte gegen die vertraglichen Bestimmungen bei dem Provider des Kunden verstoßen – was mit finanziellen Nachforderungen (Überschreiten von „fair-use“ Grenzen) oder gar der Sperre des Vertrags verbunden sein könnte.
  • Einfacher Wechsel: Falls der Kunde mit dem Anbieter nicht mehr zufrieden sein sollte (zum Beispiel wegen einer saftigen Preiserhöhung), ist ein Wechsel des Anbieters im Vergleich zur On-Premise-Variante deutlich einfacher.

 

2) On-Premise: Der eigene Server

Im Gegensatz zu ASP wird die Applikation hier nicht laufend gemietet, sondern auf der eigenen IT-Infrastruktur installiert und betrieben, also auf dem eigenen Server.

Das ist natürlich besonders interessant, wenn der Kunde bereits über eine eigene Server-Landschaft verfügt und der zusätzliche Aufwand für einen weiteren Server daher relativ überschaubar ist.

Auch für die On-Premise Variante gibt es mehrere gute Argumente (wieder aus Sicht des Kunden):

  • Datenschutz und Datenhoheit: Alle Daten der Empfänger bleiben auf dem Server des Kunden gespeichert. Die Daten müssen also nicht in einer Cloud gespeichert und an einen (eventuell sogar amerikanischen) Anbieter übertragen werden. Damit ist das Thema „DSGVO“ deutlich unproblematischer. So muss der Kunde zum Beispiel seine Datenschutz-Erklärung normalerweise nicht ändern und benötigt auch keine Auftragsdaten-Vereinbarung.
  • Geringere laufende Kosten: Bei der On-Premise Variante fallen meist zu Beginn relativ hohe einmalige Kosten an, dafür sind die laufenden Kosten wesentlich geringer als beim ASP-Modell. Normalerweise gibt es nur eine jährliche Pauschale für Updates, jedoch fallen keine Software-Kosten für den Versand der Mailings oder die Datenhaltung an.
  • Alles unter Kontrolle: Der Kunde hat die direkte Verfügungsmacht über sämtliche Bestandteile des Systems. So kann er beispielsweise einen schnelleren Server einsetzen oder den Speicher erhöhen, falls er mit der Performance nicht zufrieden sind.
  • Keine Abhängigkeit von Dritten: Der Kunde ist nicht darauf angewiesen, dass der Anbieter ständig verfügbar ist. So würde die Lösung auch im Falle eines Konkurses des Anbieters eine Zeit lang weiter funktionstüchtig bleiben.
  • Höhere Flexibilität: Da die Software auf dem eigenen Server des Kunden läuft, ist es oft deutlich einfacher, individuelle Anpassungen vorzunehmen, weil diese andere Kunden nicht betreffen.
  • Direkter Datenzugriff: Bei einer On-Premise Installation kann der Kunde ggfs. direkt auf die Datenbank und die gespeicherten Daten zugreifen, ohne dass er dafür eine Schnittstelle benutzen muss. Diese Zugriffe sind deshalb wesentlich schneller. Allerdings muss er dafür den Aufbau der Datenbank sehr gut kennen.

 

Eine dritte Option: Versand über ein Gateway

Es gibt noch mindestens eine weitere Variante: Manche Anbieter bieten auch die Möglichkeit, dass die Software zwar in der Cloud läuft, der Versand der E-Mails jedoch über die Mail-Server des Kunden erfolgt.

Diese Variante ist jedoch meist nur für Kunden mit besonders strenger Versand-Policy relevant und kommt in der Praxis nur selten zur Anwendung.

 

Und was ist jetzt besser?

Sie ahnen es vermutlich bereits: Beide Varianten haben ihre Vor- und auch Nachteile. Welche Variante für Sie die Beste ist, hängt also von mehreren Faktoren ab.

Üblicherweise ist die Server-Variante vor allem für größere Unternehmen interessant. Denn je größer die Versandmenge, desto finanziell attraktiver – vor allem langfristig gesehen – ist dieses Modell. Und diese Unternehmen verfügen oft bereits über eine eigene IT-Infrastruktur, wodurch der zusätzliche Aufwand und die Kosten für den Betrieb einer E-Mail-Marketing-Software überschaubar ist.

Auch für Unternehmen, die besonders hohe Anforderungen an den Datenschutz haben, ist die Server-Variante oft die einzige Alternative.

Der Grund, weshalb jedoch die ASP-Variante die weitaus beliebtere ist, ist die hohe Flexibilität, die deutlich geringeren Kosten (vor allem kurzfristig gesehen) und die weitaus geringere Komplexität. Doch wie so oft hängt die Entscheidung von vielen Faktoren ab.

 

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Über den Autor

Michael Kornfeld ist mit einer über 25-jährigen Laufbahn ein leidenschaftlicher Verfechter von E-Mail-Marketing. Er hält zahlreiche Seminare und Fachvorträge und zählt zu den renommiertesten Experten Österreichs auf diesem Gebiet.

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