Um die Öffnungsrate ranken sich viele Mythen – und es gibt viele Missverständnisse. Während sie von manchen als unbrauchbar verteufelt wird, ist sie für andere als „Türöffner“ nach wie vor eine der wichtigsten Kennzahlen.
Doch wie wird die Öffnung eigentlich gemessen? Wie zuverlässig sind die Verfahren? Und wie aussagekräftig ist die Öffnungsrate schlussendlich?
Ein kleines Bild macht den Unterschied.
Technisch funktioniert die Erkennung einer Öffnung i.d.R. durch Einbindung eines kleinen unsichtbaren Bildes („Tracking-Pixel“) in das E-Mail. Da meist erst beim Öffnen alle Bilder nachgeladen werden – darunter auch dieses Zähl-Pixel – kann die E-Mail-Marketing Software auf diese Weise eine Öffnung feststellen, sobald das Tracking-Pixel vom Mail-Programm angefordert wurde. Für den Empfänger ist normalerweise nicht erkennbar, dass seine Öffnung erfasst wurde.
Allerdings ist das Verfahren nicht 100% exakt, denn es ergeben sich durch mehrere Faktoren eine Reihe von möglichen Verzerrungen (in beide Richtungen):
- Wenn die Bilder blockiert werden (wie das zum Beispiel bei mehreren Versionen von Outlook standardmäßig der Fall ist), dann wird auch das Tracking-Pixel nicht geladen und eine Öffnung kann dann u.U. nicht erkannt werden.
- Wenn ein Mailing lediglich im Vorschau-Fenster des Mail-Programmes angezeigt wird, dann kann das Tracking-Pixel geladen (und als Öffnung gewertet werden!), obwohl der Empfänger das Mailing gar nicht gelesen hat.
- Bei reinen Text-Mails kann logischerweise eine Öffnung nur durch einen Klick festgestellt werden, da es hier kein Tracking-Pixel geben kann; das gleiche gilt für Mailings, die „offline“ gelesen werden.
- Wenn ein Mailing nur angeklickt wird, damit es sofort danach gelöscht werden kann, wird es eventuell (kurz) im Vorschaufenster angezeigt und damit eine Öffnung festgestellt, die in der Praxis gar nicht wirklich stattgefunden hat.
- Intelligente Systeme werten auch einen Klick eines Empfängers als Öffnung (da niemand einen Link anklicken kann, ohne das Mail zuvor geöffnet zu haben). Überraschenderweise berücksichtigen jedoch nicht alle Anbieter einen Klick bei der Öffnungs-Erkennung, obwohl das so naheliegend wäre.
Probleme durch Apple Mail Privacy Protection & Co.
Seit ca. Oktober 2021 beeinflusst auch die Mail Privacy Protection (MPP) von Apple die Öffnungsrate. Diese Funktion des iOS 15 sorgt dafür, dass sämtliche (!) Bilder von Apple Mail heruntergeladen werden (ob das tatsächlich einem Datenschutz-Gedanken oder doch eher Marketing-Überlegungen entspricht, sei hier mal dahingestellt).
Damit sorgt die MPP jedoch für eine weit überhöhe Öffnungsrate unter den Apple Mail Verwendern und damit insgesamt zu einer Verzerrung – je nach Anteil an Apple Mail Usern in der Verteilerliste.
Fazit und Empfehlungen
In der Praxis ist die Verzerrung der Öffnungs-Erkennung in Summe relativ gering, weil sich die Effekte in beide Richtungen auswirken. Normalerweise ist die ermittelte Öffnungsrate meist etwas niedriger als die „wahre“ Öffnungsrate, da sich der oft hohe Anteil einer Bilder-Blockaderate am meisten bemerkbar macht.
In Summe sorgen die Einflussfaktoren jedenfalls dafür, dass die Bedeutung der Öffnungsrate als Kennzahl immer stärker zurückgeht und deshalb stärker auf Engagement- und/oder Conversion-Kennzahlen zurückgegriffen werden sollte.
Tipp: Nichtsdestotrotz ist eine langfristige Trend-Analyse der Öffnungsrate in fast allen Fällen sehr aussagekräftig, weil die Verzerrungen im Zeitverlauf normalerweise relativ konstant sind!
Bild-Credts: Image by Gerd Altmann from Pixabay.
Über den Autor
Michael Kornfeld ist mit einer über 25-jährigen Laufbahn ein leidenschaftlicher Verfechter von E-Mail-Marketing. Er hält zahlreiche Seminare und Fachvorträge und zählt zu den renommiertesten Experten Österreichs auf diesem Gebiet.